CD Rezensionen 24 Préludes von F. Chopin und A. Skrjabin:eine Gegenüberstellung.
Rondo Magazin, Michael Wersin ( 10.07.2010)
Dass man bei dieser Produktion von einem Erfolg sprechen darf, ist natürlich nicht nur ein Ergebnis des editorischen Konzepts. Im Vordergrund steht vielmehr die Leistung der belgisch-japanischen Pianistin Michèle Gurdal, die sich tief in die Welt der beiden Zyklen eingelebt hat und eine nicht nur technisch vollendete, sondern gleichermaßen auch interpretatorisch ausgefeilte Leistung erbringt. Ihre Spezialität sind die weiten Klangräume, die viel der Préludes dem Hörer eröffnen. Gurdal ermöglicht durch ihre ebenso sensible wie zupackende Darbietung das tiefe Eintauchen des Hörers in die Stimmungswelten solcher Stücke. Sie entlockt dem verwendeten Schimmel-Konzertflügel (!)ein erstaunlich breites Farbenspektrum und glänzt dabei gleichzeitig durch den sicheren Griff auf das „Kantabilitätspotenzial“ der Stücke: Die melodischen Bögen werden souverän ausgespannt und differenziert ausgeleuchtet. Kurzum: Michèle Gurdal vermittelt dem Hörer ein eindrucksvolles Erlebnis romantischer bzw. nachromantischer Klavierkunst.
Klassik Heute, Peter Cossé (02.06.2010)
„Ein musikalisches, ein musikologisches Experiment von hoher Erlebens- und Informationsdichte! Und ich erlaube mir hinzuzufügen: hier handelt es sich nicht um eine rohe, universitäre Erkundung und Belehrung, sondern um ein pianistisch klug und temperamentvoll erlebtes Abenteuer auf den Spuren zweier Komponisten, die auf wundersame Weise Verwandtschaft, Nähe, aber auch Distanz bezeugen. Zu danken sind die Aufnahmen der je 24 Préludes von Chopin und Scriabin der jungen belgischen Pianistin Michèle Yuki Gurdal.
Michèle Yuki Gurdal spielt auf CD 1 die genannten Préludes von Chopin und Scriabin in der originalen Reihenfolge. Mit liebevoller Umsicht in den verschiedensten Ton- und Gefühlslagen entfaltet sie das Kleine wie das Größere mit ausgeprägtem Gespür für das jeweils Vorliegende, aber sie versteht es auch, die Stücke – wenn nötig, wenn vertretbar – zu binden, sie gewissermaßen als logische Konsequenz innerhalb einer Sammlung zu platzieren. Es handelt sich ja bei beiden Werkreihen nur bedingt um Zyklen.
Gurdal und ihr CD-Produzent haben sich jedoch nicht nur damit begnügt, die beiden Préludes-Serien zu publizieren. Auf CD 2 werden die Stücke von Chopin und Skrjabin Nummer für Nummer einander gegenübergestellt. Und es zeigt sich auf faszinierende Weise, wie ähnlich in Bewegung und Atmosphäre diese Miniaturen sind, wie stark sich Skrjabin von Chopin inspiriert gefühlt haben dürfte (bewusst oder unbewusst, das mag dahin gestellt sein). Auf einer subjektiv angelegten Liste der Parallelitäten wage ich folgende Préludes als Kompositionen mit hoher Nachbarschaftsquote zu nennen: Nr. 1-4, 11, 13, 14, 17, 20, 21 und 23. Etwas sanftere, mehr imaginäre Berührungspunkte habe ich im Umfeld der Préludes Nr. 8, 9, 15, 16, 18 und 24 notiert, aber jeder Hörer – und ich wünsche dieser Edition ein großes Publikum! – wird sich in Bezug auf stilistische, klaviertechnische und atmosphärische Überschneidungen ein eigenes Bild machen.
So ist dieses auch in den schwierigsten Partien (etwa op. 28,16!) souverän präsentierte Préludes-Doppel einerseits als lebendige, pianistisch aufregende Leistung zu würdigen, andererseits als Stimulans, sich eingehend mit zwei Werkgruppen weit über den Genuss des normalen Hörens hinaus auseinander zu setzen.
Piano News, Marco Frei (06.2010)
„Die Idee verschiedene „Préludes“-Zyklen so einzuspielen, dass jeweils die Stücke einer Tonart nacheinander erklingen, ist sicherlich nicht neu. Und eigentlich liegt sie auf der Hand, dennoch wird das eher selten gemacht. Dass es sich lohnt, weil neue – zumindest aber andere – Einsichten geboten werden, zeigt die schöne Einspielung der „Préludes“ op. 28 von F. Chopin und op.11 von A. Skrjabin von Michèle Gurdal.
Auf der ersten CD werden beide Zyklen getrennt präsentiert, die zweite verzahnt die jeweiligen Stücke einer Tonart der beiden Zyklen miteinander. Spannende schöpferische Dialoge kommen heraus, die von der belgisch-japanischen Pianistin sensibel ausgestaltet werden. Nicht zuletzt beeindruckt die Bass-Fülle des Schimmel-Flügels.“
Robert Schumann Klavierkonzert a-moll mit dem Aargauer Symphonie Orchester
„Die in Belgien geborene junge Pianistin faszinierte durch ihr hochkarätiges Spiel des von Robert Schumann komponierten Konzerts in a-moll. Dieses Meisterwerk schien Michèle Gurdal geradezu auf den Leib geschrieben. Wunderschön kristallisierte sie nicht nur die variierende Motive und Themen, sondern auch den rhythmischen Wechsel heraus. Dies besonders im Schlusssatz: weich im Anschlag, fließend im spielerischer Leichtigkeit ausdruckstarker Gefühlssprache und ebenso balanciert das wie ein Aufbäumen wirkende rhythmische Feuerwerk bestimmten die glänzende Auslegung dieses Klavierkonzertes durch die junge Pianistin. Frenetischer Applaus brandete ihr aus dem Saal entgegen.“
Winterthurer Zeitung
Klavierabend mit Werken von Schumann, Schubert und Chopin
Die Balance zwischen Anspannung und Gelöstheit war für die belgische Pianistin Michèle Gurdal die Voraussetzung für ihr lebendiges Spiel.
„Die junge Interpretin spielte mit einer Empfindsamkeit, die geradezu betroffen machte. Über enorm viele Möglichkeiten verfügte sie, die Klaviersaiten mit sanftem Antupfen, nervösem Vibrieren, brillantem Hämmern und nahezu allem, was dazwischen liegt, zum sprechen zu bringen.“
Rheinische Post
Klänge aus der Ewigkeit – Mit einem Hauch Swing und Salon: Olivier Messiaens Endzeit-Quartett in der Oetkerhalle
„…Gekonnte Abstimmung und Ausdifferenzierung waltete im vielschichtigen Aufriss der,, Kristallenen Liturgie” und der ,,Regenbogen”- Sätze, wo Pianistin Gurdal mit vorbildlich austarierter Anschlagskontur und Pedalverhüllung durch die Akkordverschiebungen glitt. Das unglaublich heikle Vierer- Unisono im ,,Tanz der Raserei für die sieben Posaunen” hatte die nötige Präzisionswut und gemeißelte Härte, derweil Klarinettist Ubbelohde sein vielminütiges Solo ,,Abgrund der Vögel” in wunderbar nuancierter Ausdrucksfülle anstimmte.
Verblüfft gewahrt man im 4. Satz, der Keimzelle und Zwischenspiel ist, einen nie gehörten Hauch Swing und Salon in der Messiaenschen Spiritualität. Eine Herausforderung für sich bilden die zwei auf unendliche Ruhe angelegten, raumgreifenden Lobgesänge auf die Ewigkeit Jesu: Cellistin Vera Milicevic füllte den ihrigen mit eleganter tonschwingender Schönheit; im Geigenspiel von Anna Heygster waren Klang und Haltung meditativ vertieft und nahmen die Hörer ausklingend entrückt mit himmelwärts. Eine reich beklatschte Begegnung.“
Neu Westphälische, Michael Beugold
Romantischer Klavierzauber im Schieder Fürstensaal mit 24 Préludes von F.Chopin und A. Skrjabin
„…Die so sympathisch bescheiden wirkende Pianistin wusste von Anfang an jene konzentrierte, fast private Atmosphäre zu schaffen, die der poetischen Exklusivität der Musik ebenso entsprach wie dem intimen Zuschnitt des historischen Raums. Wie klug disponiert, im einleitenden C-Dur-Prélude unter der J.S. Bach verpflichteten Struktur die latente Arie zu entdecken, wie feinsinnig, das zarte Prélude in F-Dur nicht als Etüde, sondern als sich im Klang verirrende Improvisation zu outen. Überhaupt suchte Gurdal das jeweils Besondere in diesen musikalischen Miniaturen, ohne dabei der Gefahr des manierierten Austüftelns kalkulierter Effekte zu erliegen. Alles blieb natürlich in Bewegung und Fluss, die Musik wurde – vielleicht eine sehr französische Qualität – ganz aus dem Verständnis der kantablen Linie heraus entwickelt.
Und der zweite Teil des Abends mit den Skrjabin-Préludes war womöglich noch überzeugender. Hier überließ sich die Künstlerin einer agogischen und emotionalen Freiheit, die dem spontanen, offenen Element dieser Musik in hohem Maße entsprach. Die zarte Morbidezza des Melancholikers Skrjabin, nicht minder seine abrupten ekstatischen Prankenschläge schufen sich unter Gurdals Händen ihre ganz eigene und klanglich immer hervorragend differenzierte Welt.
So bedankte sich das intensiv lauschende Publikum nach Michèle Gurdals letzten stürmischen Akkorden mit herzlichem Beifall, den die Pianistin mit zwei exquisiten Zugaben – natürlich von Chopin und Skrjabin – belohnte.
Lippische Landes-Zeitung, Hannes Sonntag